Heute mittag, als ich gerade mit meinen Wochenendeinkäufen beladen über den Supermarkt-Parkplatz richtung Auto strebte, erregten die im Wind flatternden allgegenwärtigen Reklamefahnen meine Aufmerksamkeit. Das Wetter hatte inzw. vollständig aufgeklart, die Sonne stand an einem fast wolkenlosen blauen Himmel und die vom über Nacht frisch gefallenen Schnee verhüllte Natur glitzerte frostig.
Kurzum opimales Hilde-Erstflug-Wetter!
Nachdem daheim die Einkäufe weggeräumt waren, habe ich mich mit der Hilde, einem meiner REV-Leinenpaare (30m/75daN), Handschlaufen und warmen winddichten Klamotten bewaffnet, in Richtung Acker aufgemacht.
Da der Wind heute ziemlich genau aus Norden kam, konnte ich quasi gleich "hinterm Haus" auf den verschneiten Acker gehen, denn bei nördlichen Winden herrscht an der Stelle eine relativ verwirblungsarme, am Boden anliegende Ströhmung. Idealbedingungen also, für die ich sonst bis zu unserem Segelflugplatz fahren muss, wenn der Wind, wie so häufig, aus anderen Richtungen weht.
Die Hilde hatte ich bereits daheim flugfertig aufgebaut, sodaß es nach dem Leinen ausrollen und befestigen auch gleich losgehen konnte.
Die Windstärke betrug 2-3 Bft, was für einen Erstflug mit der Hilde für einen Speed-Neuling wie mich optimal ist, was sich im späteren Verlauf auch bestätigte 
Die Standard-Einstellungen der Waage wurden wegen des Einsatzes am unteren Ende des für die Hilde spezifizierten Windbereiches folgendermaßen verändert:
Knotenleiter am oberen Schenkel und an den "Fangschenkeln" vom 2. auf den ersten Knoten zurück.
Und los geht es:
Start:
Absolut problemloser Start, in der Regel kein Ausscheren zur Seite, die Hilde lässt sich aus dem aufrechten Stand wie jeder normale Allround-Zweileiner ganz normal starten.
Nur bei wirklich minimalem Wind kippt die Hilde beim Starten manchmal leicht zu einer Seite weg, was aber in jedem Falle problemlos durch kurzes Gegensteuern zu beheben war. Evtl. sind auch meine schweren 75daN-Leinen mitverantwortlich für dieses Verhalten gewesen, welches ich aber auch bei allen meinen anderen Zweileinern (div. Eigenbauten, Elliot-Mirage,...) mehr oder weniger beobachten kann.
Flugverhalten:
Bei den ersten vorsichtig geflogenen "8-en" und Kreisen wird bemerkbar, daß die Hilde jede geringfügige Windzunahme und somit Zugerhöhung sofort in Vortrieb umsetzt, eine Ahnung macht sich breit, was einem bei stärkerem Wind an Reaktionsvermögen abverlangt wird.
Nach dem ersten Herantasten an Flugeigenschaften und Steuerungsverhalten steigt schnell das Verlangen nach gewagteren Manövern: Am Himmel wird die spinnende Hilde schnell zur grauen Scheibe, die sich langsam Richtung Boden bewegt und dabei immer schneller rotiert. Das Ausleiten aus diesem Zustand will gut geübt werden, insbesondere wenn man es übertreibt und die Hilde schon recht weit nach unten gesunken ist (wobei sie in der Regel immer schneller rotiert!). Es kommt für Ungeübte irgendwann unvermeidlich zu ungewolltem Bodenkontakt, weil der rechte Augenblick zum Ausleiten verpasst wurde.
Hierbei macht sich bezahlt, wenn das Fluggerät solide konstruiert und der herschende Wind sich am unteren Ende des angegebenen Einsatzbereiches bewegt. Diese Dinge sind vor allem für Speed-Einsteiger, wie mich, nicht zu unterschätzen, da jedes bisschen mehr Wind zu einer erheblichen Geschwindigkeitssteigerung führt und entsprechend schnelles und sicheres Reagieren des Piloten erfordert, was erst durch viel Übung erlangt werden kann.
Für den Einstieg ist der Windbereich 2-3 Bft für die Hilde wirklich sehr zu empfehlen!
Zum Fluggereäusch:
Meine Hilde ist einfarbig, das Segel besteht aus zwei in der Mitte zusammengenähten Hälften, es gibt also außer Leit- und Schleppkante (mit Saumschnur) keine weiteren Nähte quer zur Anströmungsrichtung. Bei gerade so fliegbarem Wind ist nix zu hören, die Hilde fliegt da aber auch recht träge und gemütlich, einfach zu beherrschen, wie ein Einsteigerdrachen. Wenn es schneller wird, erzeugt die Hilde ein nicht sehr lautes Surren, wie bei einem Formel1-Rennwagen, welches mit zunehmender Geschwindigkeit in der Frequenz etwas höher wird.
Ich weiß nicht, ob sich bei anders eingestellter Wage das Geräusch ändert, bzw. ob das bei mehrfarbigen Hildes anders klingt.
Mein Eindruck:
Ich bin begeistert!! Das Teil mach selbst für Speed-Einsteiger vom ersten Start an Spaß, und die sehr solide und ordentliche Konstruktion verzeiht die hin und wieder fast unvermeidlichen Bodenberührungen bei den ersten Flugversuchen. Die Steuerung ist präzise, die Hilde setzt Steuerkommandos verzögerungsfrei in Richtungsänderungen um. Der nutzbare Bereich des Windfensters ist sehr groß. Die Hilde lässt sich problemlos im Zenit parken, wenn man mal eine kurze Verschnaufpause braucht. Für einen Drachen dieser Größe zieht die Hilde bei so leichtem Wind wie heute spürbar, da bin ich mal gespannt, was bei mehr Wind daraus wird.
Bei dem heutigen "Erprobungsflug" kamen etwas erschwerend folgende Faktoren dazu:
Es herrschte, wie oben erwähnt, Nordwind. Ich hatte also bei meinem Erstflug die gleißende Sonne direkt in der Mitte des Winfensters vor mir, und dazu eine geschlossene Schneedecke am Boden. Da hilft auch eine starke Sonnenbrille nicht viel, immer wieder flog ich die Hilde für Sekundenbruchteile blind. Manchmal ist ein Sekundenbruchteil bei so einem schnellen Teil aber schon zuviel 
Die verwendeten 75 daN- Leinen waren für den leichten Wind eigentlich viel zu stark, ich muss beim nächsten Mal mit diesen Windverhältnissen auf jedn Fall leichtere nehmen (hab glaube ich noch 55 daN daheim). Daher rührte m.E. auch die leichte Neigung zum Abkippen beim Start als dann später der Wind etwas abflaute.
Aber trotz dieser Punkte hat die Hilde von Anfang an Spaß gemacht, es kam nie Frust auf, weil irgendwas nicht klappte oder das Teil irgendwie überkritisch reagierte. So stell ich mir einen Bilderbucheinstieg in eine für mich neue Spielart des Drachenfliegens vor. Die Hilde wird in Zukunft auf jeden Fall immer mit dabei sein wird, wenn es auf eine Drachenwiese geht!