"Der Glücksgriff", Leichtwind kompakt, kleiner Baubericht

    Hallo zusammen.


    Auf der Flugwiese hat mich kürzlich ein alter Herr beeindruckt, indem er mit einem seiner Drachen bei quasi Windstille herumturnte, während mein Sohn und ich gegroundet waren und auf bessere Zeiten hofften.


    Man gesteht sich ja nicht gerne so niedere Instinkte wie Neid ein. Aber hier war der Fall klar: Sowas wollte ich auch. Kaufen ist keine Option, entschied der Bastler in mir. Also ging's zunächst ab an den Schreibtisch. Das Anforderungsprofil war schnell klar. Kompakte Maße für "mal eben einpacken und mitnehmen", soll heißen Leitkantenlänge = 1m. Außderdem sollte das Ding kaum mehr als nix wiegen, um bei kaum mehr als null Wind oben zu bleiben. Also viel Segelfläche aus leichtem Icarex, bei Minimal-Bestabung aus 4 mm Exel.


    Mit dem an anderer Stelle schon gerühmten und hier erneut bewährten Kite Plan Generator habe ich ein paar Entwürfe durchgespielt, bis mir das Ergebnis zumindest auf dem Bildschirm gefiel. Das sah dann so aus:




    Hieraus musste noch ein Schnittmuster abgeleitet werden, in welchem ich ein wenig mit Farbkombinationen herumgespielt habe. Für den geplanten Zweck schien mir ein freundlich warm-helles Farbschema passend:




    Der Kite Plan Generator erzeugt automatisch eine gerade Schleppkante zwischen dem inneren und dem äußeren Stand-Off. Das tatsächliche Schnittmuster habe ich aber noch ein wenig dahingehend angepasst, dass die Schleppkante insgesamt gerundet ist. Bei dem gewählten einfachen Farbschema waren Zuschnitt und Näharbeiten schnell erledigt, und das fertige Segel konnte ich vor mir ausbreiten:



    Dann ging's an die Bestabung. Die gewählten 4mm-Exel Rohre kamen mir in der Hand sehr sehr dünn vor. Aber ich bin dem Plan treu geblieben und wollte es darauf ankommen lassen. Leicht muss das Ding werden. Und für auffrischenden Wind habe ich andere Drachen. Also ab ans Werk, mit folgendem Ergebnis:



    Hier lässt sich schon erahnen, dass das Segel sehr weit ausgestellt ist. Mit Vorsatz, denn ich wollte keinen Speeder, sondern einen harmlosen Floater. In der Heckansicht ist die üppige Ausstellung des Segels noch besser zu erkennen:



    Jetzt fehlte noch die Waage, wozu es nichts aufregendes zu berichten gibt. Dünne Waagen-Schnur, getreu dem Leichtbaumotto. Und natürlich dünne Flugleinen mit 20 daN bei 25m Länge. Damit ging's ab auf die Flugwiese:



    Irgendwie habe ich versäumt, Flugbilder oder gar Flugvideos zu machen. So bleibt nur der mündliche Bericht: Das Ding flog sozusagen aus dem Stand vollkommen problemlos, bei nur einem Hauch von Wind. Ein bißchen Feintuning an der Waage zur Anpassung des Einstellwinkels. Das war's. Fertig. Fast schon zu einfach.


    Der besagte ältere Herr fand sich wieder ein und zeigte sich interessiert. Natürlich ließ ich ihn an die Leinen, und er murmelte etwas von "Glücksgriff". Ich denke, das lasse ich mal so stehen. ;)


    Ich hoffe, der eine oder andere hat etwas Freude beim Lesen dieses kleinen Berichtes.


    Gruß,
    Stefan

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    • Offizieller Beitrag

    Sehr cool! :thumbsup: Idee, Umsetzung und Ergebnis = 10 Punkte! Und schick isser auch noch. :) Und nen Namen für den Drachen hast du auch gleich geliefert bekommen, es ist "Der Glücksgriff". :D (Lucky Strike klingt eigentlich noch besser, klingt aber zu sehr nach Glimmstengel... :rolleyes: )


    Rein aus Neugier, welche Spannweite hat sich letztlich ergeben und was sagt die Waage? (Also das Gerät zum Wiegen, nicht die zum Drachen lenken.) ;)

    ... :) Und nen Namen für den Drachen hast du auch gleich geliefert bekommen, es ist "Der Glücksgriff". :D

    Timo, das isses. Danke für den Hinweis. Ab sofort heißt das Ding "Der Glücksgriff". 8)
    Hab gerade eben den Titel des Themas angepasst. :)



    Rein aus Neugier, welche Spannweite hat sich letztlich ergeben und was sagt die Waage? (Also das Gerät zum Wiegen, nicht die zum Drachen lenken.)

    Spannweite nach Plan: 1.500 mm
    Gewicht kann ich Dir heute abend sagen.


    -Stefan

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    Rein aus Neugier, ... was sagt die Waage? (Also das Gerät zum Wiegen, nicht die zum Drachen lenken.) ;)

    Hier die Antwort:




    117,3 g Komplettgewicht, verteilt auf 4207 cm² projizierte Fläche ergeben eine Flächenbelastung von


    2,8 g/dm²


    in der unter Modellfliegern üblichen Maßeinheit. Keine Ahnung, ob das gut oder schlecht ist. Aber in der Praxis funktioniert es bislang ziemlich erfreulich.



    - Stefan

    • Offizieller Beitrag

    Vielen Dank! :thumbup: Das ist auf jeden Fall nicht schwer. :D Dann wünsche ich mal viele schöne Flugstunden wenn mal wieder Flaute ist. :)


    Es hatte mich übrigens interessiert weil ich ja grad irgendwie selbst total Gefallen daran gefunden habe bei Hauch- bzw. Nullwind zu fliegen und mir zu diesem Zweck ja von Ramlal meinen Cuben Masque SUL habe bauen lassen. Das macht einfach unglaublich Spaß dann zu "fliegen" wenn eigentlich kein Wind ist. :)

    ... zu diesem Zweck ja von Ramlal meinen Cuben Masque SUL habe bauen lassen. Das macht einfach unglaublich Spaß dann zu "fliegen" wenn eigentlich kein Wind ist. :)


    Hab Deinen Cuben Masque SUL gerade eben in der Galerie gefunden. Beeindruckend! 8)




    … stimmt so nicht zu 100%, da das rote (Flausch-/Haken-)Band zum Zusammenschnüren noch vom Komplettgewicht laut Waage abgezogen werden muss :D


    ... stimmt so doch. Die 1,7g des Bändchens hatte ich zuvor per Tara-Funktion abgezogen. :D


    - Stefan

    Hut ab was du gebaut hast :thumbsup: .
    Was kommt als nächstes :D weiter so


    Gruß Patrick

    Born to lose, live to win -Zitat Lemmy Kilmister(Motörhead)

    Meister in Wort und Bildnis

    Moin,
    schön das Du dir die Mühe gemacht hast etwas selber zu konstruiren.
    Und es freut mich das der Drachen so gut fliegt.



    Es erstaunt mich aber, daß Du eine so lange Waage gewählt hast.
    Bei meinen Leichtwind und Indoordrachen habe ich eigentlich immer eine Waage gehabt die nur etwa 2/3 so lang war wie Deine; wenn ich nach dem Bild gehe.
    Dadurch sparst Du Gewicht und Luftwiderstand ein, daß Ansprechverhalten wird direkter, die Lenkwege kürzer (... wobei das nicht jeder mag).


    Weiße Standoffs? GFK? und Gummi Standoffhalter auf der uQs? Mit Cfk in 2mm und Jacos auf der uQs (evt. sogar gekürzt) könntest Du evt. noch 5 bis 8 gr. einsparen ...


    Eine andere Idee ist auch die äußeren Standoffs 1-2 cm zu kürzen und die Inneren entsprechend länger zu machen, daß kann die Fluggeschwindigkeit etwas erhöhen, was im extremen Leichtwindbereich von Vorteil sein kann.




    Viele Grüße, Jens

    www.toryu.de

    "I started out with nothing and I still got most of it left ..."

    Seasick Steve

    Moin zurück, Jens.


    Und danke für Deine Gedankenanstöße. Ich nehme sowas gerne auf. Dies ist erst meine zweite eigene Konstruktion, und ich stehe noch ziemlich am Anfang meiner Lernkurve.



    ... Es erstaunt mich aber, daß Du eine so lange Waage gewählt hast.


    Ja, die ist tatsächlich ein wenig auf der langen Seite. Aber die Idee dahinter liegt in den Windverhältnissen hier im Südwesten begründet. Der Wind ist hier niemals konstant. Und bei Leichtwindbedingungen kann schon mal innerhalb einer Minute alles dabei sein von "Das Ding fällt runter mangels Wind" bis "Die Schleppkante knattert". Die gewählte dünne Bestabung ist nicht für die Halle gedacht und muss auch eine Bö aushalten können. Hab mal nachgerechnet: Eine Seite der UQS ist 570mm lang. Bei dem Querschnitt des 4er Exel-Rohres von 4/2,5 und einem (angenommenen) E-Modul von 120.000 N/mm² ist die Euler-Knicklast gerade mal 8 daN. Da braucht es nicht viel Leinenzug, bis sich die UQS verabschiedet. Vielleicht bin ich ja in dieser Hinsicht zu sehr als Schisser unterwegs. Aber ich wollte safe bleiben und die UQS mit einer lang geknüpften Waage entlasten. Soviel zur Idee dahinter. Aber vielleicht habe ich es ja auch übertrieben.



    Weiße Standoffs? GFK? und Gummi Standoffhalter auf der uQs? Mit Cfk in 2mm und Jacos auf der uQs (evt. sogar gekürzt) könntest Du evt. noch 5 bis 8 gr. einsparen ...


    Die Jacos hatte ich gar nicht auf dem Schirm. Wusste gar nicht, was das ist und musste erstmal googlen ;) Die Dinger sehen gut aus, und ich werde sie in Betracht ziehen.


    Ja, ich habe weißes GFK gewählt. Vielleicht oute ich mich hier wieder als Schisser. Aber 2mm CFK ist so filigran, dass vor meinem geistigen Auge die Stand-Offs vielleicht nicht in der Luft, aber spätestens beim Verstauen im Kofferraum sterben. Aber vielleicht bin ich auch hier zu konservativ an die Sache gegangen.



    Eine andere Idee ist auch die äußeren Standoffs 1-2 cm zu kürzen und die Inneren entsprechend länger zu machen, daß kann die Fluggeschwindigkeit etwas erhöhen, was im extremen Leichtwindbereich von Vorteil sein kann.


    Die Idee war, Geschwindigkeit hintan zu stellen und mit einem breiten Tunnel das Ding bei wechselhaften Bedingungen harmlos zu machen. Ich weiß noch nicht, ob ich diesen Konstruktionsansatz antasten will, weil er zunächst einmal ganz wunderbar funktioniert. Aber ich nehme Deinen Ansatz mal mit, dass gerade bei Leichtwind ein wenig Extra-Speed nützlich sein kann.


    Ich denke, bei der nächsten Materialbestellung werden ein paar Jakos und auch ein wenig 2mm CFK im Warenkorb sein. Und dann werde ich ein wenig rumspielen. ^^


    Vielen Dank für Deine Anregungen, Jens.


    - Stefan

    Einmal editiert, zuletzt von Stefan_B_Z ()

    Danke für den Zuspruch.


    Übrigens: Mittlerweile gibt's vom "Glücksgriff" auch die Baunummer 2:



    Mein Sohn hat sich ein eigenes Exemplar gebaut, mit leichten Modifikationen. Tuch, wie gehabt, ist Icarex. Die wesentliche Änderung besteht darin, dass statt 4mm nun 5mm Exel-Rohre zum Einsatz gekommen sind. Etwas schwerer natürlich, und braucht etwas Wind. Dafür ausprobierterweise windmäßig nach oben hin deutlich mehr Luft. Samstag früh bei bockigem Wind hat das Ding eine sehr gute Figur gemacht, wenn richtig Druck auf die Leinen kam. Ebenso in den Windlöchern dazwischen. Der Charme dieses Layouts besteht in der Harmlosigkeit bei ständig wechselndem Wind. Kein Stress. Einfach losfliegen und Spaß haben.


    - Stefan