Steifigkeit und Gewicht von Gestänge

    Ich habe über AchimX einen Hinweis auf Bogenpfeile erhalten, die ähnlich der Pxxx-Serie von Skyshark sein sollen. Beim Recherchieren ist Achim aufgefallen, dass die Steifigkeit der Pfeile mit dem sog. Spine-Wert angegeben wird. Die Bogensportler messen also die Steifigkeit nach ganz bestimmten Regeln. Ich habe mal recherchiert, wie die das machen.


    Ich finde, dass sollten wir Drachenflieger auch mal tun.


    Ich schlage folgendes System vor:


    Ein Stab in Standardlänge (82,5 cm) wird an beiden Enden bündig aufgelegt. Dann wird in der Mitte ein Gewicht von 1000 g aufgelegt bzw. daran gebunden. Anschließend wird die Abweichung aus der Ruheposition in mm gemessen. Der gemessene Wert gibt die Steifigkeit an. Je größer der Wert, desto weicher ist der Stab.


    Vielleicht diskutieren wir erstmal die Sinnhaftigkeit, bevor wir in hektisches Vermessen verfallen. (Hier gibt's doch bestimmt "Vermessungsingenieure ;) ).


    Was haltet ihr davon?
    - Editiert von Legumo am 04.01.2007, 18:51 -

    die idee finde ich sehr gut.
    wenn wir die gemessenen werte jetzt noch in eine datenbank ala DraDaBa eintragen, dann haben wir eine Menge daten die uns bei bua von drachen das leben erleichtern.

    Schöne Idee,
    was wir noch brauchen ist ein Wert für die Dämpfung, als wie lange der Stab braucht um nach einer definierte Auslenkung wieder in Ruheposition zu kommen. Das ist ganz wichtig für das Ansprechverhalten eines Drachen.
    Oder anders ausgedrückt: es ist einfach Scheiße, wenn der Drachen nach einer knackigen Ecke zurückhaut.
    Kein Scherz ich habe so einen Drachen, Heiko.. wird sich vielleicht erinnern.

    Gruß
    Achim


    Wirkliche Intelligenz beginnt dort, wo man erkennt, dass es mit dem eigenen Unterscheidungsvermögen nicht so weit her ist......

    Zitat

    Original von Legumo
    Ein Stab in Standardlänge (82,5 cm) wird an beiden Enden bündig aufgelegt. Dann wird in der Mitte ein Gewicht von 1000 g aufgelegt bzw. daran gebunden. Anschließend wird die Abweichung aus der Ruheposition in mm gemessen. Der gemessene Wert gibt die Steifigkeit an. Je größer der Wert, desto weicher ist der Stab.


    Die Idee an sich finde ich vollkommen in Ordnung, ich habe mich selbst schon mit dem Problem befasst und diverse Vorüberlegungen in dieser Richtung aufgestellt.
    Ein Problem dabei ist, dass ich natürlich nicht alles an Stabmaterial kaufen kann und will, was auf dem Markt verfügbar ist. Um die Daten einigermaßen miteinander vergleichen zu können sollten aber soviele Stäbe wie möglich vermessen werden, um z.B. auch Unterschiede innerhalb eines Produktes festzustellen (warum dreht mein Drache nach rechts viel besser als nach links obwohl Segel und Waage symmetrisch sind?). Um die Messergebnisse untereinander vergleichen zu können müssten wir uns also auf ein reproduzierbares Messverfahren einigen oder aus vergleichbaren Messungen einen einheitlichen abgeleiteten Wert (Biegesteifigkeit) ableiten.
    Dein Messverfahren müsste man übrigens umkehren: Stab auf vorgegebene Länge auflegen und dann mit Waage belasten bis eine vorgegebene Auslenkung erreicht wird. Nur so kannst du das gesamte Spektrum von Indoor-Minis mit 1mm Vollstab bis zu Monstern mit 12 oder 15mm Rohren abdecken!

    Hallo Legumo,


    die von Dir vorgeschlagenen Art der Vermessung der "Steifigkeit" ist eine übliche Methode um das E-Modul also so etwas wie die Elastizität eines Materials zu bestimmen. Wenn die Durchbiegung nicht zu stark ist, funktioniert das ganz gut. (nachgelesen im Bergmann-Schäfer Band 1)


    Das E-Modul ergibt sich dann zu:


    E=G*L^3/(48*I*s)


    mit
    L: Abstand der "Stützen"
    s: Auslenkung des Stabes bei in der Mitte angehängtem Gewicht
    G: Gewicht
    E: E-Modul


    Die Größe I ist ein Faktor welcher die Geometrie des gebogenen Stabes beschreibt. Bei einem Rohr gilt:


    I=2*pi*d*R^3 mit R=Außendurchmesser und d=Wandstärke


    Hat man einmal das E-Modul eines Rohres bestimmt, lassen sich die Durchbiegungen längerer Rohre oder die Durchbiegung unter stärkerer Last, oder die Durchbiegung eines einseitig eingespannten Rohres berechnen.
    Wenn das Material homogen ist, (also nicht gewickelt) lassen eventuell auch die Durchbiegungen von Rohren des selben Materiales jedoch anderer Durchmesser aus dem E-Modul berechnen. Wie gut das jedoch funktioniert müßte man einmal ausprobieren.


    mfg
    Helmut

    Salut,


    Gute Idee, wenn man sich vorher auf einige Vergleichspunkte einigt.
    Solche Messungen sind vor Jahren mal im Drachenmagazin durchgeführt worden.


    An Michael:
    Interessant. Leider findet man da keine Angaben zur Einheit der angegebenen "Flexibilité".
    Da kann man dann auch nicht so genau sagen was da gemessen wurde.


    Zitat

    was wir noch brauchen ist ein Wert für die Dämpfung


    Ja, zum Beispiel.


    Auch sollte nur Vergleichbares miteinander Verglichen werden, z.B.:82.5-Stäbe gewickelt oder 1m gezogene Stäbe, also Stäbe, die jeweils den gleichen Anwendungsbereich haben.


    Dabei sollte Steiffigkeit nicht als einziges Qualitätsmerkmal herhalten. (Da wäre so mancher von den Aero-stuff Stäben entäuscht, die sind nicht besonders steiff, haben aber ein gutes Dämpfungs und Rückstellverhalten, bei absoluter Genauigkeit in der Herstellung und sind so ziehmlich unkaputtbar).
    Auch kann ein Drachen mit geringfügig weicheren Stäben an Präzision gewinnen. Das hängt auch viel vom Drachentyp und dessen Verwendung ab.
    Es ist also generell schwierig zu sagen, ob ein Stab besser ist als ein anderer.
    Unser Team-Drachen hat sieben Ausführungen, in denen jeweils unterschiedliche Stäbe zur Verwendung kommen, wobei zum z.B auch Avia G-Force in der Leitkante mit Skyshark als Spreizen gemischt sind. Eigentlich ist das immer eine Frage des Anwendungsbereiches. Und da hilft nur Ausprobieren.



    À plus

    À plus


    Steph/Elément'Air
    Calvados/France

    Ich habe vor einiger Zeit Messungen mit sehr vielen gewickelten Stäben gemacht. Dazu habe ich, inspiriert von den früheren Messungen im DRAMA, die Stäbe einseitig auf eine passgenaue Muffe gesteckt und am anderen Ende 600 g angehängt. Der Sinn solcher Messungen ist allerdings sehr fragwürdig, weil das Biegeverhalten nicht zwangsläufig linear ist. Ein gutes Beispiel aus eigener Erfahrung ist der Aerostuff Silver S. Belastet mit 600 g war er nachgiebiger als ein Skinny SUL, im Drachen verformte er sich aber weniger. Wirklich sinnvoll wäre solch ein Unterfangen nur, wenn mann jeden Stab mit verschiedenen Gewichten belasten würde, um eine Biegekurve zu erhalten. Ungeachtet dessen würde ich von einer beidseitigen Aufhängung des Stabes abraten. Erstens sind zur Verformung eines Skyshark P400 oder ähnlicher Stäbe sehr große Lasten nötig, zum Anderen wären die Steifigkeitswerte von konischen und zylindrischen Stäben bei derartiger Belastung nicht vergleichbar.


    Gruß
    Heiko

    Zitat

    was wir noch brauchen ist ein Wert für die Dämpfung


    Zitat

    Dabei sollte Steiffigkeit nicht als einziges Qualitätsmerkmal herhalten. (Da wäre so mancher von den Aero-stuff Stäben entäuscht, die sind nicht besonders steiff, haben aber ein gutes Dämpfungs und Rückstellverhalten, bei absoluter Genauigkeit in der Herstellung und sind so ziehmlich unkaputtbar).
    Auch kann ein Drachen mit geringfügig weicheren Stäben an Präzision gewinnen.



    Ich bin keine Physiker und will es eigentlich für den Anfang auch nicht zu kompliziert machen. Ich denke, dass eine Tabelle, die nach einheitlich gemessenen Standards die Steifigkeit enthält, gute Anhaltspunkte liefert.


    Wenn ich die nächste Lieferung habe, werde ich mal messen. Ich bin auch bereit, anderer Leute Messungen zu erfassen. Ich mache mir mal Gedanken, wie ich das ganze aufbereiten kann.


    Vielleicht lesen auch die Redaktionen der bekannten Drachenmagazine mit und fühlen sich für eine solche Untersuchung verantwortlich. Soll es ja schon mal gegeben haben.

    Wie Heiko es schon angedeustet hat: So wünschenswert es wäre die Stabeigenschaften mit einfachen Zahlen zu quantifizieren, so fragwürdig ist es leider auch.
    Ich denke eine Diskussion hier im Forum zu einer Stabwahl bei einem bestehenden Problemfall gibt auch wertvolle Erkenntnisse.

    Moin,
    ich denke es wäre schön diese Versuche zu machen.
    Aber, wenn meine Logik mich nicht verläßt sollten wir wegen der konisch gewickelten Stäbe die Versuche mit einseitig 'aufgehängten' (also auf Muffe gesteckten) Stäben machen.


    Ich würde instinktiv 500gr. als Gewicht vorschlagen.
    Heiko, gab es einen besonderen Grund für 600gr.?


    Ich habe auch ein 1/10gr. genaue Waage, ich glaube ich besorge mir ein geeichtes 500gr. Gewicht.



    Wer noch Vorschlage hat, her damit!



    Viele Grüße, Jens

    www.toryu.de

    "I started out with nothing and I still got most of it left ..."

    Seasick Steve

    kann man dieses nichtlineare biegeverhalten nicht durch fixieren alle 5 cm ausmessen?
    also stablänge 5 cm, 10 cm, 15cm etc...
    nur mal so in den raum geworfen ;)
    ciao
    Ralf


    ps: wer misst misst mist. wer viel misst misst viel mist :)

    eigentlich heisse ich _smurf_ ...


    "nothing left to lose" j. j. and k. k.


    Kampfdrachen

    Soviel ich weis ist für eine der nächsten Ausgaben der SDD die Rubrik "Stabkunde" vorgesehen.
    Wenn dieser Beitrag dann so aussieht wie ich mir das denke (keine Angst..... er wird nicht von mir sein) dann werden von den jeweiligen Stäben die jeweiligen Biegungen bei vergleichbarer Belastung mit angegeben.


    Ich laß mich da dann auch überraschen.

    Zitat

    Aber, wenn meine Logik mich nicht verläßt sollten wir wegen der konisch gewickelten Stäbe die Versuche mit einseitig 'aufgehängten' (also auf Muffe gesteckten) Stäben machen.


    Dabei stellt sich allerdings die Frage, an welcher Stelle der Stab steif oder flexibel sein soll. Bei meinen Drachen sind die Anknüfungspunkte nicht am Ende der Stäbe. ;) Deshalb denke ich, dass eine Messung mit der doppelten Auflage sinnvoller ist.


    Außerdem...

    Zitat

    Wirklich sinnvoll wäre solch ein Unterfangen nur, wenn mann jeden Stab mit verschiedenen Gewichten belasten würde, um eine Biegekurve zu erhalten.


    Mit der beidseitigen Auflage ließen sich anhand der Formel von Helmut die Biegekurve exakt bestimmen. Jedenfalls für gezogene Stäbe. Man muss die Formel lediglich nach G auflösen. Ich denke für gewickelte Stäbe könnte man die Formel als Nährungswert durchaus durchgehen lassen. Jedoch: Wie bestimme ich den Rohrdurchmesser? Mittelwert aus dickem und dünnem Ende?


    Fragen über Fragen.....


    Da ich kein Physiker bin, kann ich die Fragen nicht beantworten. Ich bin für eine pragmatische Lösung und warte sehnsüchtig auf die Stablieferung, damit ich mal messen kann. Ob unsereins das Messergebnis auch tatsächlich interpretieren kann, muss ich für mich in Abrede stellen. Aber die Messergebnisse sind nach meinem Verständnis als relative Größe zu interpretieren. "Stab x ist 10% steifer als Stab y".


    Messergebnisse ersetzen sicherlich nicht die persönliche Erfahrung. Das sieht man schon an den Temperaturen, die man auch je nach Umgebungsbedingungen unterschiedlich wahrnimmt.


    Die Antwort auf die beiden Fragen ist eigentlich recht einfach: Der Stab wird nicht als ganzes gemessen sondern in Abschnitten von vielleicht 10 bis 20cm. Der Abstand ist hierbei natürlich auch vom Stabdurchmesser abhängig; bei dünnen Stäben ist eine kurze Messlänge sinnvoll, bei dickeren dünnwandigen Stäben muss man schon einen größeren Abstand nehmen sonst drückt sich der Stab bei der Messung flach. Die Version mit dem einseitigen Aufhängen fällt damit sowieso weg (im Drachen sind die Stäbe ja auch nicht nur an einem Ende befestigt). Für konische Stäbe kann man dann z.B. je einen Wert für das dicke und dünne Ende sowie die Mitte angeben.
    Die Werte für die Steifigkeit lassen sich in eine Größeneinheit umrechnen bei der die Auflageweite und Einspannart herausgerechnet sind.
    Zur Messung noch mal eine Anmerkung: Beim Aufnehmen der Kraft-Weg-Diagramme für die Bestimmung von Festigkeiten wird die Verformung vorgegeben und die dazu benötigte Kraft gemessen. Der Hintergrund ist auf unsere Anwendung bezogen ganz einfach: Wenn ich an jeden Stab das gleiche Gewicht anhänge biegen sich die Stäbe verschieden stark durch. Je weiter sich der Stab durchbiegt, desto mehr zieht das Gewicht nicht mehr quer zum Stab sondern in Richtung der Stablängsachse. Das bewirkt, dass das Biegemoment auf den Stab mit wachsender Verformung abnimmt!
    Fazit:
    Ich denk ich werde mich mal hinsetzen und überlegen, wie man eine einfache aber universelle Biegemaschine für Drachenstäbe bauen kann.

    DeDrache:

    Zitat

    Der Hintergrund ist auf unsere Anwendung bezogen ganz einfach: Wenn ich an jeden Stab das gleiche Gewicht anhänge biegen sich die Stäbe verschieden stark durch. Je weiter sich der Stab durchbiegt, desto mehr zieht das Gewicht nicht mehr quer zum Stab sondern in Richtung der Stablängsachse. Das bewirkt, dass das Biegemoment auf den Stab mit wachsender Verformung abnimmt!


    Genau aus diesem Grund gelten die angegeben Gleichungen nur für kleine Durchbiegungen!

    Zitat

    Ich denk ich werde mich mal hinsetzen und überlegen, wie man eine einfache aber universelle Biegemaschine für Drachenstäbe bauen kann.


    Eine Möglichkeit wäre eine Waage: Man kann so - eine geeignete Konstruktion vorausgesetzt - jeden Stab um sagen wir 1% des Abstandes der Auflagen durchbiegen und an der Waage ablesen, wie groß die erforderliche Kraft ist. Anschließend rechnet man den Abstand der Auflagen heraus und erhällt eine universelle Größe. Für die Physiker kann man ja den E-Modul angeben und für die Praktiker die Kraft, die Erforderlich ist, um einen hypothetischen 1m Stab um 1cm durchzubiegen o.ä..


    mfg
    Helmut

    Zitat

    Original von Helmut
    Eine Möglichkeit wäre eine Waage: Man kann so - eine geeignete Konstruktion vorausgesetzt - jeden Stab um sagen wir 1% des Abstandes der Auflagen durchbiegen und an der Waage ablesen, wie groß die erforderliche Kraft ist. Anschließend rechnet man den Abstand der Auflagen heraus und erhällt eine universelle Größe. Für die Physiker kann man ja den E-Modul angeben und für die Praktiker die Kraft, die Erforderlich ist, um einen hypothetischen 1m Stab um 1cm durchzubiegen o.ä..


    Das ist genau die Richtung in der ich gerade nachdenke !